Der Digital Twin ist mittlerweile ein geflügeltes Wort und man kann sich recht genau etwas darunter vorstellen. Was aber ist ein Digital Project Twin? Wir erklären Ihnen, worin der Unterschied besteht und warum es das Projektmanagement im Maschinen- und Anlagenbau revolutionieren wird.
Zunächst einmal die Grundlagen. Unter einem Digital Twin (zu dt. Digitaler Zwilling) versteht die Fachwelt ein digitales Abbild realer materieller oder immaterieller Objekte und Prozesse. So kann beispielsweise eine reale Fabrik, ihre Maschinen, Förderbänder und Produktionsprozesse als digitale Kopien virtuell abgebildet werden. Dies hat ganz oft den Vorteil und Nutzen, dass verschiedene Szenarien von zum Beispiel Konfigurationen bis hin zu Umbauten simuliert und berechnet werden können, ohne die reale Produktion zu beeinflussen oder gar zu unterbrechen.
Der Digital Twin hat sich für die Optimierung von Produktionsprozessen bewährt. Mittlerweile gibt es viele Branchen, die mit solchen Zwillingen arbeiten. Was viele jedoch vergessen, ist, dass es vor der laufenden Produktion noch einen weiteren wesentlichen Step im Product-Life-Cycle gibt. Der Aufbau der Maschine oder Anlage.
Auch, wenn die zukünftige Produktionsanlage schon während der Planung aufwändig virtuell konstruiert und simuliert wird, so läuft der reale Aufbau auch heute noch weitestgehend analog ab. Im schlimmsten Fall gilt es, auf der grünen Wiese eine komplett neue Fabrik aus dem Boden zu stampfen. Keine tollen Sensoren, die Messdaten im Terabyte-Bereich aus bereits laufenden Produktionsschritten generieren oder über blitzschnelle Glasfaser-Kabel ins Rechenzentrum befördern. Nur der Spaten, die Baustelle und die CAD-Zeichnung an der Wand im Baucontainer.
Der Digitale Zwilling lebt davon, die realen Prozesse der laufenden Anlage so exakt und realitätsnah wie möglich abzubilden. Nur so lassen sich wertvolle Erkenntnisse und konkrete Handlungsempfehlungen ableiten. Hier existieren spannende Parallelen zum Projektmanagement!
Auch das Projektmanagement beim Aufbau von Maschinen- und Anlagen lebt davon, dass ein permanenter Informationsfluss zwischen Baustelle und Projektleitung stattfindet. Nur so lassen sich Abweichungen vom Terminplan oder aktuelle Planänderungen frühzeitig erkennen und Gegenmaßnahmen ergreifen. Warum also gibt es noch keinen Digital Project Twin?
Im Maschinen- und Anlagenbau gibt es, genauso wie beim Digital Twin, ausreichend Daten. Die digitale Planung generiert mittlerweile perfekte 3D-CAD-Daten, durchsimuliert in der virtuellen Inbetriebnahme sowie mit detaillierten Termin- oder Projektstrukturpläne und umfangreichen Materialstücklisten. Die große Kunst ist es nun, vom Reisbrett weg, diesen digitalen Projekt-Zwilling auf die analoge Baustelle zu tragen.
Egal, wie gut ein Projekt durchgeplant wurde. Reale Bedingungen vor Ort oder der Mensch schaffen volatile Faktoren, welche sich schwer im Voraus berücksichtigen lassen. Genauso erfordert ein Digital Project Twin, dass die realen Projektdaten permanent erfasst und der virtuellen Kopie hinzugefügt werden. Nur so ist ein möglichst exaktes Abbild der aktuellen Fortschritte und deren Abweichungen, Probleme und Prozesse denkbar.
Der Digitale Zwilling will in der Produktion die reale Fabrik abbilden, um dann mit dem virtuellen Klon experimentieren zu können. Der Digitale Projekt-Zwilling hingegen verfolgt das Ziel, bis zum Projektabschluss möglichst die exakte Projektrealität der aufzubauenden Maschine oder Anlage widerzuspiegeln. Da sich bis zum Start-of-Production die Gegebenheiten und Probleme im Projekt ständig ändern, eine ebenso anspruchsvolle Aufgabe. Wo jedoch mittlerweile beim Digital Twin moderne Technologien, wie die automatische Erstellung von Punktwolken, schon sehr weit fortgeschritten sind, müssen für den Digital Project Twin häufig erst einmal Grundlagen geschaffen werden.
Naheliegend, dass ein Digitaler Zwilling darauf abzielt, ein 1:1 Abbild zu erhalten, Produktionszeiten zu senken oder Material zu sparen. Der Digitale Projekt-Zwilling verfolgt hier eher die Absicht, Ressourcen beim Aufbau zu sparen und Abweichungen der Realität von der Projektplanung so früh wie möglich aufzuzeigen. Sei es durch Zeitersparnis bei der Montage, in der Kollaboration zwischen Auftraggeber, Lieferant und Sub-Lieferant oder indirekt bei den Projektmanagement-Aufwänden selbst. Auch das Einsparen von Papier durch digitale Checklisten, Prüf- oder Messprotokolle und Abnahmeprozesse ist denkbar.
Eine Disziplin teilen sich allerdings beide Zwillinge. Im Bereich Predictive Maintenance ist es beispielsweise möglich, durch den Digitalen Zwilling und unter Zuhilfenahme von Künstliche Intelligenz (KI) Ausfallwahrscheinlichkeiten zu berechnen. Auch ein Digital Project Twin könnte durch frühzeitige, konsequente Datenerfassung, zum Beispiel beim Mängelmanagement in der Anlaufphase, spätere Ausfälle in der Produktion ursächlich erklären. Hier herrscht heute häufig noch große Ratlosigkeit bezüglich der Ursprünge.
Dreh- und Angelpunkt sind die Daten, die es für einen Digitalen Zwilling genauso braucht, wie für einen Digitalen Projekt-Zwilling. Wenn es uns nicht gelingt, die aktuellsten Daten an einem zentralen Punkt zusammenzuführen und verfügbar zu machen, kann es kein Abbild realer Zustände geben. In erster Instanz braucht es also für das Projektmanagement ein zentrales System mit diversen Schnittstellen zu vor- und nachgelagerten Anwendungen sowie eigenen Lösungen für die mobile Datenerfassung durch alle Projektbeteiligten direkt vor Ort.
Im zweiten Schritt gilt es, analoge Prozesse gezielt schon vor Ort beim Aufbau der Maschine oder Anlage zu untersuchen. Gibt es einen konkreten Grund, warum für diese oder jene Tätigkeit noch keine digitale Lösung gefunden wurde? Das Erfassen von Mängeln oder Fortschritten bei der Montage von Robotern, Komponenten oder Anlagenteilen lässt sich beispielsweise schon heute mit offlinefähigen Apps hervorragend abbilden. Ausgedruckte Checklisten und Laufzettel für Probleme und Abnahmen, sollten im 21. Jahrhundert gezielt hinterfragt werden.
Abschließend muss gesagt werden, dass die Schaffung eines Digital Project Twins nicht einem Sprint, sondern vielmehr einem Ausdauerlauf gleicht. Niemandem gelingt die vollständige Datendurchgängigkeit von heute auf morgen in nur einem gewaltigen Kraftakt – schon gar nicht großen, multinationalen Konzernen. Eher sollte man sich, mit dem zentralen Datenhub im Rücken, auf die Digitalisierung kleiner Prozesse und Bereiche fokussieren. Später springt man von Gewerk zu Gewerk oder Abteilung zu Abteilung. Lassen Sie uns gemeinsam den ersten Schritt gehen – mit der COMAN Software erhalten Sie ein bisher einzigartiges Mittel Ihren Digital Project Twin zu leben.